Der Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz zur Flutkatastrophe im Ahrtal befragt heute Sachverständige insbesondere aus den Bereichen Meteorologie und Hydrologie. Ziel ist ein besseres Verständnis der Güte und Präzision meteorologischer und hydrologischer Vorhersagen im Vorfeld der Flutkatastrophe. Dazu erklärt Carl-Bernhard von Heusinger, Obmann der GRÜNEN Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss:
„Die Befragung der Sachverständigen zeigt, dass das Landesamt für Umwelt die später von Extremregen betroffenen Landkreise rechtzeitig und ordnungsgemäß gewarnt hat. Das Landesamt ist nach meiner Einschätzung seiner Warnaufgabe vollständig gerecht geworden. Die Verantwortlichkeit für Konsequenzen aus den Warnungen des Landes lag laut Rahmeneinsatzplan eindeutig bei den betroffenen Landkreisen. Die Landkreise standen in der Folge in der Verantwortung, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung einzuleiten. Auch für eine Evakuierung der besonders betroffenen Kommunen an der unteren Ahr wäre offenkundig ausreichend Zeit gewesen. Bereits um 15:26 Uhr warnte das Landesamt für Umwelt am 14. Juli 2021 vor einem Pegelstand in Altenahr von mehr als 5 Metern – rund eineinhalb Meter höher als der bisherige Rekordpegel aus dem Jahr 2016. Allerspätestens nach der Warnung des Landkreises Ahrweiler durch das Landesamt für Umwelt am 14. Juli 2021 um 17:17 Uhr hätte der Landkreis angemessen tätig werden müssen. Warum auf die Warnungen des Landes hin nicht überall vor Ort die richtigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung eingeleitet wurden, wird die weitere Arbeit des Untersuchungsausschusses zeigen müssen.“
Hintergrund:
Die heutige Befragung hat verdeutlicht, dass das Land Rheinland-Pfalz über ein gut ausgestaltetes Pegelnetz verfügt, welches nach den Erfahrungen des Hochwassers in Sachsen und Bayern 2002 umfassend modernisiert wurde. Rheinland-Pfalz ist zudem – anders als etwa Nordrhein-Westfalen – seit 2004 Partner des europäischen Flutwarnsystems EFAS/ERIC und nutzt dessen Vorhersagen für die eigenen Prognosen und Vorhersagen. Die zunächst vage auf den Rhein bezogenen Prognosen von EFAS/ERIC konkretisierten sich im Laufe des 14. Juli 2021 auf einzelne Regionen – wie auch die für die Warnungen des Landes ausschlaggebenden regionalen Vorhersagen und Prognosen des Landesamtes für Umwelt.
Die Hochwasserfrühwarnung des Landesamtes für Umwelt bezieht sowohl die meteorologischen Vorhersagen des DWD, die Informationen aus dem EFAS/ERIC-System sowie die aktuell gemessenen Pegelstände in die Prognosen regional zu erwartender Hochwasser und Starkregenereignisse mit ein. Die Warnungen werden im Internet und ab Warnstufe 3 über KATWARN veröffentlicht und erfolgen gegenüber den Kommunen zu deren originärer Aufgabenwahrnehmung. Ein erster allgemeiner Warnhinweis wurde am 12. Juli 2021 um 19:31 Uhr auf der Internetseite des Hochwassermeldedienstes veröffentlicht. Am 14.Juli 2021 um 11:17 Uhr warnte das Landesamt zudem über KATWARN für den gesamten Landkreis Ahrweiler sowie weitere Teile des Bundeslands vor Sturzfluten und Überflutungen, verbunden mit der Aufforderung, auf Anweisungen der lokalen Einsatzkräfte zu achten. Mit dem Erreichen der höchsten Warnstufe 5 (sehr hohe Hochwassergefährdung: ≥50-jährliches Hochwasser) wurde am 14. Juli 2021 um 17:17 Uhr sowohl im Internet als auch über KATWARN gewarnt. Darüber hinaus verschickte das Landesamt für Umwelt um 15:26 Uhr und 18:25 Uhr E-Mails mit detaillierten Hochwasserinformationen an die Kreisverwaltung Ahrweiler, in denen vor dem Überschreiten der von der Kreisverwaltung definierten Warnwerte der Pegel in Müsch, Altenahr und Bodendorf in den nächsten fünf Stunden gewarnt wurde.
Pressemitteilung der GRÜNEN Landtagsfraktion vom 14.01.2022